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Tag der Menschen mit Behinderungen

Nachfolgend finden Sie eine Zusammenfassung des 11. Tags der Menschen mit Behinderungen. Die Veranstaltung fand am 23.09.2022 unter dem Motto „Wohnen, Leben und Digitalisierung – aber bitte barrierefrei!“ im Hessischen Landtag statt. Neben einer Zusammenfassung der Workshops in Textform finden Sie weiter unten eine Videoaufzeichnung der Veranstaltung, einige Fotoeindrücke sowie die Gruß- und Schlussworte der Veranstalter*innen.

Publikum - Hessischer Tag der Menschen mit Behinderungen 2022
Publikum - Hessischer Tag der Menschen mit Behinderungen 2022  Foto: @HMSI

Dokumentation

Forum 1: Inklusives Wohnen und Leben

Inklusives Wohnen und Leben erfordert eine barrierefreie Stadtplanung. Dies ist mehr als nur eine barrierefreie, ggf. auch rollstuhlgerechte Wohnung. Allerdings besteht nach Ansicht der Teilnehmenden auch an barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnung ein großer Bedarf.

1. Stadtplanung – Anforderungen an ein barrierefreies Quartier

Inklusives Leben und Wohnen setzt voraus, dass auch das Umfeld möglichst barrierefrei ausgestaltet ist. Dies beginnt bei den öffentlichen Straßen und Plätzen und setzt sich fort bei der Anbindung des Quartiers an den Öffentlichen Personennahverkehr. Wichtig sind ferner gut erreichbare Möglichkeiten, die Bedarfe des täglichen Lebens zu decken. Hierzu gehört für Menschen mit Behinderungen auch der Zugang zu Betreuungs- und Pflegeangeboten im Quartier.
Im Alltag werden zudem „mobile Hindernisse“, wie zum Beispiel unsachgerecht abgestellte Mülltonnen oder E-Scooter, zunehmend zum Problem. Bei E-Scootern ist dafür zu sorgen, dass diese eingesammelt und zu dafür vorgesehenen Abstellflächen gebracht werden. Der gelegentliche zu lesende „pragmatische Vorschlag“, unsachgemäß abgestellte E-Scooter selbst beiseite zu räumen, ist für viele Menschen mit Behinderungen, insbesondere mobilitäts- und sehbehinderte Menschen schlicht unmöglich.

2. Barrierefreiheit als verpflichtender Teil der Ausbildung

Für Städteplanerinnen und -planer, Architektinnen und Architekten sowie Bauingenieurinnen und Bauingenieure müssen die Grundsätze des barrierefreien Planens und Bauens in Theorie und Praxis verpflichtende Bestandteile der Ausbildung werden. Ein erstes positives Beispiel in Hessen ist der Masterstudiengang von Prof. Dr. Dipl.-Ing. Caroline Günther „Inclusive Design – inklusive Architektur “ an der Frankfurt University of Applied Science.

3. Akustik – ein häufig verkannter Aspekt der Barrierefreiheit

Aus dem Bereich der Menschen mit Hörbehinderung wurde auf das Thema „Akustik“ besonders hingewiesen.

Bei der Planung von öffentlichen Gebäuden und Wohnungen stehen, wenn überhaupt, Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigungen im Vordergrund. Die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen hinsichtlich der Akustik werden nicht selten übersehen oder für weniger relevant erachtet. Akustik spielt nicht nur im Neubau eine Rolle, um zum Beispiel unerwünschten Schall zu unterbinden, sondern ist auch ein weites Feld bei der Sanierung bestehender Räume, deren Akustik häufig problematisch ist, insbesondere für Menschen mit Hörbehinderung, die auf ein Hörgerät oder ein Cochlea-Implantat angewiesen sind.

4. Reichen Angaben der Bauherrschaft aus, um Barrierefreiheit zu erreichen?

Ferner wurde vorgetragen, dass die Einhaltung von Standards der Barrierefreiheit nicht allein von den Angaben der Bauherrschaft und der Planerin / des Planers abhängen soll, sondern dies muss verpflichtender Bestandteil der Baugenehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde werden.
Eine Chance zur Umsetzung von Barrierefreiheit im Baubereich wurde auch darin gesehen, die öffentliche Bauförderung an die Umsetzung von Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit zu koppeln. Ein weiterer bedenkenswerter Vorschlag bestand darin, Baugenossenschaften mit kommunaler Beteiligung zur Schaffung von barrierefreiem Wohnraum zu verpflichten.

5. Partizipation von Menschen mit Behinderungen notwendig

Die Teilnehmenden waren sich darin einig, dass bei allen oben dargestellten Punkten grundsätzlich Menschen mit Behinderungen von Anfang an mit einbezogen werden müssen.

Forum 2: Digitalisierung ja – aber bitte barrierefrei!

1. Digitalisierung als Chance

Die Teilnehmenden stellten fest, dass die Digitalisierung sowohl Chancen, aber auch besondere Herausforderungen bringt. Beispielsweise ist die Möglichkeit, vermehrt von zu Hause aus zu arbeiten, für Menschen mit Mobilitätsbehinderungen grundsätzlich positiv zu bewerten, da die Bewältigung der täglichen Arbeitswege entfällt.

2. Barrierefreie IT muss gelehrt werden

Barrierefreie IT muss nach Auffassung der Teilnehmenden zum festen Bestandteil von Schule, Ausbildung, Studium und lebenslangem Lernen werden. Es wurde beispielsweise darauf hingewiesen, dass das Fach „Digitale Welt“ an 15 hessischen Schulen etabliert worden ist. Ein weiteres Beispiel aus dem Bereich der Hochschulen ist die Beratung zur digitalen Barrierefreiheit und Inklusion in der IT beim Hochschulrechenzentrum der Justus-Liebig-Universität Gießen (HRZ). Das HRZ engagiert sich beim Transfer dieses Wissens in Fachgruppen und Netzwerken.

3. Das Projekt „Di@lotsen“ ausbauen

Es wurde zudem auf das Projekt der sogenannten „Di@-Lotsen“ hingewiesen. Dieses Projekt der hessischen Landesregierung hatte bisher seinen Fokus auf Seniorinnen und Senioren und sollte nach Ansicht der Teilnehmenden auch auf andere Zielgruppen, unter anderem auf Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen, ausgeweitet werden.

4. Digitale Teilhabe als Leistungsform in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen

Was die Rahmenbedingungen betrifft, sollte die digitale Teilhabe als Leistungsform in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen verankert werden. Beispielsweise sollte eine Unterweisung in den gängigen IT-Anwendungen im Rahmen der sozialen Teilhabe erfolgen.


Aufzeichnung der Veranstaltung vom 23.09.2022 mit Schrift- und Gebärdensprachdolmetschenden

Publikum - Hessischer Tag der Menschen mit Behinderungen 2022
Aufzeichnung der Veranstaltung vom 23.09.2022 mit Schrift- und Gebärdensprachdolmetschenden

Bildeindrücke von der Veranstaltung

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